Der wilde Balkan 2018                                                                                    

Einmal Randgebiet der Zivilisation und zurück oder wie der Balkan die Sinne beraubt

Reisebericht von Alexander Mey (PerroCasa)

 

Anfang September 2017

Wer oder was ist Gerd Schuster?

Diese Frage stellte ich mir vor einigen Wochen. Ich habe zwar schon das ein oder andere von ihm gehört habe mich aber nie wirklich damit beschäftigt. Es kam wie es kommen musste, ich hatte neue Ziele und wollte raus in die Natur um selbst die Erfahrung machen Straßenhunde zu beobachten und zu studieren, doch wie stelle ich meine erste Reise an? Nach einigen studierenden Blicke im Internet kam der Name Gerd Schuster schon wieder auf. Es wurde Zeit, dass ich mich genauer informiere. So holte ich mir Imput ab und stellte fest. Ja, das ist genau das, was ich suche.

 

Januar 2018

Ich schließe mich der Euphorie „Gerd Schuster“ an, schaue seine Berichte und Videos und verfolge jede seine Taten, auch wenn diese manchmal von Neid, Unwissenheit und Konkurrenzdenken anderer gezeichnet sind. Je mehr ich mich mit ihm auseinander setzte, desto sympathischer wird er für mich. Seine Live Videos imponieren mir am Meisten, denn nicht nur die Themen, die er behandelt sind für mich Themen, die behandelt werden müssen, auch seine Art und Weise, wie er mit der Welt da draußen kommuniziert sind so authentisch, so emotional, so ehrlich... ich musste ihn live kennenlernen und ich kann es kaum erwarten, endlich den nächsten Termin für seine „wilde Balkan Tour 2018“ ausgeschrieben zu bekommen.

Doch bevor diese Reise stattfinden sollte bekomme ich das große Glück ihn in einer anderen Art und Weise kennen zu lernen... Nämlich in seinem „lebenslang Aggressiv“ Workshop. Das Eis ist gebrochen, die Anmeldung verschickt und die Vorfreude explodiert...

 

Juli 2018

Es ist so weit, nur noch 3 Tage und es geht auf großer Reise, bis dato sind noch so viele Fragen offen, wie z.B. wer sind die anderen Leute, wo übernachten wir, wo geht es überhaupt lang...?!

Eigentlich ist das nicht wichtig, ich kann es eh nicht mehr beeinflussen. 2 Tage vor Abreise passiert aber noch das unmöglich, womit keiner gerechnet hat... Koffer ist gepackt, Kamera, Powerbank und Handy geladen und dann.... funktioniert mein Handy nicht mehr... Kein Resetten möglich, kein Herunterfahren, es war schrott. Die Kommunikation wäre für 10 Tage abgebrochen, kein Kontakt nach Hause, das geht nicht, es muss noch schnell eine Alternative her, gesagt getan. Aber nicht nur das, sondern unser Auto explodiert wortwörtlich direkt vor unserer Haustür, Motorschaden... somit habe ich 2 Tage vor Reisebeginn keinen Plan, wie ich die knapp 500 km nach Bayern überwinden soll. Wie das Glück aber will besucht uns ein lieber Freund aus Ulm genau an dem Wochenende vor der Abreise und er ist so lieb und bringt mich nach Bayern... Es geht endlich los.

 

 

 

Dienstag den 03.07.2018 5 Uhr

Wie bereits zum zweiten Mal nehme ich mir ein Zimmer unweit des Hundezentrums, von dem wir dann auch losfahren wollten. Am Abend vor der Abreise bringe ich Gerd noch meine größeren Taschen und ich bereue bereits jetzt so viel unnützes Zeug mitgenommen zu haben. Ich wollte halt auf Nummer sicher gehen. Die Nacht von Montag auf Dienstag kann ich kaum schlafen vor Aufregung, der Wecker klingelt um 4 Uhr morgens. Erstaunlicher Weise bin ich fit wie ein Turnschuh, ich springe unter die Dusche, frühstücke ausgiebig und teile der Welt da draußen mit, dass um kurz vor 5 mein ganz persönliches Abenteuer mit vier total fremden Menschen beginnt.

10 Minuten Wanderweg liegt zwischen meinem Zimmer und dem Hundezentrum und auf den letzten Metern überholt mich ein Auto aus Wolfsburg. Vielleicht ein Mitfahrer? Ja, in der Tat, die Jana wird von ihren Eltern gebracht und so lerne ich sie als erstes kennen, Denniz kommt wenige Minuten später und pünktlich um 5:05h sitzen wir alle im Bus und fahren ins Ungewisse.

 

Man hatte mich bereits vorgewarnt und auch im Workshop durfte ich mich davon überzeugen lassen. Es gibt 2 Lieblingswörter von Gerd, die es in sich haben, das eine ist „These“, dies benutzt er gern, wenn er von seinen Erfahrungen über Hunde spricht und seine eigene Meinung darüber preis gibt, das andere Wort war „Planänderung“ und dies durften wir, jetzt haltet euch fest, ganze 24 Mal zu hören bekommen. Das Wort „Planänderung“ war nicht nur einfach ein Wort, sondern stellte die eigentliche Planung ganz gewaltig auf dem Kopf. Die ersten Planänderungen waren noch gewöhnungsbedürftig aber nach kurzer Zeit gewöhnte man sich daran, denn schließlich kann und sollte das Leben nicht präzise geplant werden und man sollte immer Puffer für eine Änderung haben.

 

Das erste Mal auf dieser Reise, werden wir noch vor dem Betreten des Autos mit dem Wort „Planänderung“ konfrontiert und bringt uns gleich am Anfang der Reise einen zusätzlichen Weg über knapp 400 km. Natürlich fragt uns Gerd lieb, ob wir einen „kleinen“ Schwänker über Österreich machen könnten, denn dort würde ein Hund auf uns warten, dessen Geschichte durch Gerds Begutachtung vielleicht neu geschrieben würde... Gesagt getan, die erste Etappe Deutschland – Österreich geht dem Sonnenaufgang entgegen.

 

1. Etappe Deutschland – Österreich (13 Uhr) Reise 8h

Ich habe lange überlegt, wie ich meinen ersten Reisebericht schreibe, mit einem Thema, was sehr heikel ist, wie bringe ich dem Leser dazu, zu verstehen wohin mich diese Reise gebracht hat. Daher habe ich mir überlegt bei jeder Etappe auch zusätzliche Informationen über das Land, der Kultur, die Mentalität und dem eigentlichen Thema dieser Reise zu berichten.

Worum geht es in dieser Reise mit der Überschrift „der wilde Balkan“?

Der Balkan (bulg. Gebirge) ist ursprünglich ein Gebirge in Bulgarien, sein höchster Berg „Botew“ gehört mit seinen knapp 2500 Meter zu den größten Erhebungen des Balkangebirges. Im Laufe der Zeit wurden aber noch andere Gebiete im Südosten Europas zum Balkan hinzugezählt; wie Bulgarien, Griechenland, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Mazedonien, Montenegro und der Kosovo, Rumänien, Slowenien und der europäische Teil der Türkei. Unsere Reise verlagert sich hauptsächlich im Ungarischen, Rumänischen und Bulgarischen Teil.

Mit dem Titel „der wilde Balkan“ werden wir eine ganz besondere Reise nicht nur in die Kultur und Mentalität der Menschen eintreten, sondern uns mit dieser Reise mit dem Thema „Straßenhunde und deren Miteinander der Einwohner“ beschäftigen. Wir werden uns in den Tiefen der Länder begeben und den Geschichten auf den Grund gehen, die seid vielen Jahren in den Medien verbreitet werden. Wir werden uns selbst davon überzeugen, wie Tier und Mensch hier zusammen leben.

 

Österreich:

ca. 8,8 Millionen Einwohner

105 Einwohner / km²

semipräsidentielle repräsentative Demokratie

Fläche ca 84.000.00 km²

Mentalität: herzlich aber reserviert, indirekt (reden gern drum herum), hoher familiärer Stellenwert,

Kultur:

 

Nun weiter der Reise mit einem Kleinbus und vier total fremden Menschen...

Unser Weg führt durch Bayern über Augsburg und München, wir überqueren die Deutsch/ Österreichische Grenze über die Inn am Wörthersee vorbei und kommen nach ca. 6 Stunden zu unserem ersten Etappenziel. Die Reise durch Österreich ist wenig spektakulär, darum werde ich hier nicht so sehr ins Detail gehen. Hier begegnet uns die erste Planänderung in Natura, in einem Tierheim wird Gerd ein Hund begutachten und wir schauen ihm hierbei neugierig über die Schulter. Bitte verzeiht, dass ich auf Grund des Datenschutzes keine weiteren Details erläutere. Bei guten Freunden von Gerd – er scheint im Übrigen überall so seine Freunde zu haben, auf der ganzen Fahrt haben wir immer wieder spontan welche kennengelernt - machen wir eine etwas größere Pause und versuchen vor der Weiterfahrt noch etwas zu schlafen. Denniz und Jana schlafen im Bus, Gerd im Haus und ich suche mir ein Plätzchen draußen im Garten auf der Gartenliege, leider ist dieser Ort, wie ich feststellen musste, eher ungeeignet, denn ein starkes Gewitter zieht auf und ich kann mich gerade noch rechtzeitig im Aufenthaltsraum retten. Mein Schlaf wurde hier zum ersten Mal etwas aufgeschoben. Ich döse etwas vor mich hin bis die anderen so langsam wach werden. Ausgeruht und voller Energie zieht es uns am späten Abend in Richtung Ungarische Grenze.

 

 

2. Etappe Österreich – Ungarn (22-1:30Uhr) Reise ca.12h

 

Ungarn:

ca. 10 Millionen Einwohner

106 Einwohner / km²

parlamentarisches System

Fläche ca. 83.000 km²

Mentalität: Wenn man den Sagen Glauben schenken möchte, dann befindet sich die Mentalität der Ungarn in ihren Stammesväter Hunor und Magor (Umgangsprachlich auch Humor und Magyar) Somit ist eigentlich schon alles gesagt, der ungarischer Humor.... der sehr dem englischen ähnelt...zwar nicht sarkastisch, sondern eher ernst.... Ungarn sind sehr lustige Menschen, die mit ihrem gewöhnungsbedürftigen fast kalten Humor die schmalen und dunkeln Wege ihres Alltags überschatten.

 

Kultur: Ungarn ist ein Land mit vielfältigen Traditionen und Kulturen, so sind einige Feiertage wie dem Sziget Festival (Insel-Festival) in Budapest der Ungarischer Nationalfeiertag oder die Feier der Staatsgründung sowie der Jahrestag vom Volksaufstand der Republik Ungarn mit Umzügen und anderen Volksfesten gefeiert. Hier in Ungarn ist der traditioneller Handwerk, wie der Kesselflicker und altbekannte Landschaftswirte, wie Hirte, ein gängiger Berufszweig und wird seid vielen hundert Jahren auf alt-traditioneller Art und Weise vollzogen.

 

Alleine die Tatsache, dass diese Fahrt um Mitternacht begonnen hat, ist eine Erzählung wert. Wir packen unsere Sachen, präzise nach Gerds Anordnung; immer praktisch und gleich. Das hat den einfachen und wertvollen Hintergrund, sollte in der Nacht etwas passieren, oder wir an der Grenze überprüft werden oder anderweitig dazu gezwungen werden unsere Gepäck zu orten, können wir mit dieser Taktik schnell und unkompliziert an die richtige Stelle fassen und verlieren hierbei nicht so viel Zeit. Ja, Zeit, nach der kleinen Pause in Österreich sind wir nun bereits 17 Stunden unterwegs. 17 Stunden lang mit 4 mittlerweile nicht mehr ganz so fremde Menschen, reisend ins Abenteuer durch den Balkan....Wenn ich mich so schreiben lese, hört sich diese ganze Geschichte echt verrückt an und ja, das war es auch, eine total verrückte Reise mit allem was dazu gehört.

 

Die Nacht war klar, lau warm und noch sehr lang, für das nächste Ziel haben wir ca. 3 Stunden angelegt um dann direkt hinter der Grenze einen Rastplatz für eine längere Pause einzulegen. Doch noch waren wir nicht dort, noch erwartete uns 3 Stunden lang abenteuerliche Geschichten von Gerd und seinen Reisen durch den Balkan, lustige Geschichten der Mitreisenden und...Abenteuer live. Wir nähern uns der Grenze Österreich – Ungarn und der erste richtige Grenzübergang steht bevor. Nichts gegen die Grenze „Deutschland – Österreich“ aber „Österreich – Ungarn“ war schon rein optisch ein Hingucker. Kurz vor 3 Uhr erreichen wir die Grenze, die uns schon mit einigen Verkehrsschlangen mit geladenen LKW´s und vielen ausländischen PKW´s den Weg zur Überprüfung signalisierten. Die Grenzkontrolle, militärisch stark bewacht, überall Videokameras, Militär und Grenzfahrzeuge, kriegsähnlich waffentechnisch bestücktes Personal. Alles hell erleuchtet um kein unerwünschtes Durchkommen zu gewähren. Ich muss dabei sagen, wir Männer trugen alle drei Vollbart und eine Blondine mit dabei, allein diese Kombination sieht sehr verdächtig aus. So kommt es, wie es kommen musste... meine 3 Mitreisenden dürfen sich einer genaueren Überprüfung und Hinterfragung unterziehen.... Gerd gibt uns den hilfreichen Hinweis, nicht Lachen, nicht Atmen, nicht Starren, ob dies nun der Grund ist, warum wir es dennoch recht zügig über die Grenze schaffen, kann ich nicht beurteilen, aber wir sind drüben. Wir haben Ungarn erreicht. Das Land des Magyar Viszlar (was nicht anderes bedeutet als ungarischer Hühnerhund – grob übersetzt) und der traditionellen balkanischen Folksmusik.

 

Hier beginnt nun die eigentliche Reise, die uns alle vier herzieht, hier beginnt nun die Recherche über das wahre Leben der Straßenhunde, die vielen Geschichten, die über das Land und den Caniden erzählt wird. Hier starten wir nun, um nicht nur uns selber davon zu überzeugen, was bei den ganzen Geschichten an Wahrheiten stecken, sondern auch für euch allen da draußen, die durch die vielen Berichte der Medien erschlagen werden, die durch Erzählungen und Übertragungen von einer Welt erfahren, die euch vielleicht trügen könnten.

Wir sind live vor Ort und sehen nun hinter den Kulissen....

 

Gejagt, gequält, abgeschlachtet...“ so heißt eine Überschrift einer bekannten deutschen Zeitschrift, sie berichtet von den Zuständen der Hunde in Ungarn, Bulgarien und der Ukraine....

Laut den vielen Berichten von einigen Tierschutzorganisationen, über den News bei Facebook und anderen Medien sollen bereits an den Grenzübergängen das Tierleid enorme Ausmaße annehmen...

 

Unsere erste Übernachtung, bzw. kurzer Schlaf im Bus halten wir auf einem beleuchteten Parkplatz ca. 10 km nach der Grenze ein. Für diese Uhrzeit ist allerdings schon recht viel los auf den Straßen und auch die vorherigen Parkplätze mussten wir abwinken, da sich dort Menschenmassen und durchfahrende Autos gesammelt hatten. Das bringt uns dazu noch mehr die Augen offen zu halten, vielleicht finden wir hier schon die ersten Caniden, leider ohne Erfolg. Bis zum Augenschließen in der Nacht bekommen wir keinen einzigen freilaufende Hunde zu sehen, vielleicht haben wir morgen etwas mehr Glück, denn morgen sehen wir Ungarn in seiner vollen Breite, in Farbe und in seiner vollen Pracht.

 

3. Etappe: Quer durch Ungarn. (7 Uhr – 13 Uhr) Reise 18 h

Es wird hell, die Sonne lag gegen 6:30 Uhr schon sehr hoch. Eine wohltuende und energetische Wärme umschließt unser Körper. Nach einer kurzen Orientierung stellen wir fest, dass der Ort Szombathley in Ungarn nicht weit von unserem nächtlichen Lager entfernt liegt.

Die Industrie- und Gewerbestadt ist einer der Hauptverkehrsknotenpunkte, zwischen Österreich und Ungarn. Die 2016 fertig gestellte Steinamangerer Schnellstraße ist eine in Nord-Süd Richtung verlaufende Schnellstraße in Ungarn und Teil der Europastraße 65 (Schweden – Griechenland). Dieser Teil der Schnellstraße bekam vor einiger Zeit eine etwas andere Bedeutung, denn diese Autobahn wurde von vielen Flüchtlingen genutzt, um einen direkten Weg von ihrem gefürchteten Heimatland nach Österreich und Deutschland zu kommen.

 

An der Raststätte können wir unseren ersten morgendlichen, wachmachenen Kaffee ergattern, uns im Bad etwas frisch machen und dann weiter ziehen. Unser Weg läuft entlang der M68 Richtung Györ weiter über die M1 über Tatabanya und an Budapest vorbei. Über die M5 Richtung Kecskemet und an Kiskunfélegyháza vorbei bis hin zu Csengele. Die Strecke umfasst knapp 350 km, Fernstraßen, Landstraßen hier und da ein paar Dorfstraßen.

Es ziehen lange Felder, Wiesen und kleine Wälder an uns vorbei, doch was wir auf der ganzen Fahrt durch Ungarn vermissen sind die Schlagzeilen der Medien, nicht ein einzigen freilaufende Hunde bekamen wir zu Gesicht. Einige Rehe, die vereinzelt am Waldesrand stehen, Ein - zwei Katzen, doch Hunde sieht man gar nicht. Keine Misshandlung, kein barbarisches Handeln gegenüber den Tieren... Fahren wir am Geschehen blind vorbei?

Nach 4 Stunden fahrt, 350 km quer durch Ungarn und viele mögliche Verstecke der Hunde können wir hier kein Caniden entdecken, der wie so oft angepriesen, extreme Not leidet. Laut den Berichten sollte es hier Massen an Tötungen auf den Straßen geben, Mengen von Misshandlungen und überall Kadaver von überfahrenden Hunden. Nichts von alle dem können wir hier auf dieser Strecke finden. Auch der Rest der Fahrt bis zur Ungarischen/Rumänischen Grenze bleibt uns dieser Anblick erspart.

 

4. Etappe: Rumänien 13-22 (27 h)

Rumänien:

ca. 20 Millionen Einwohner

85 Einwohner / km²

Semipräsidentielles System

Fläche ca. 240.000 km²

Mentalität:

Kultur

 

EU zahlt Kopfgeld für rumänische Straßenhunde“

Massentötungen in Rumäniens Hauptstadt“

tausend unterernährte, misshandelte Hunde in Rumäniens Straßen“

Die Nachrichten reißen nicht ab, man braucht nur beim bekannten Suchanbieter die Wörter Rumänien und Straßenhunde eingeben, schon wird man mit Horrornachrichten erschlagen....

Wir sind in Rumänien angekommen und gehen diesen Nachrichten auf den Grund.

 der wilde Balkan

Im Vergleich zu Ungarn bemerken wir, dass Rumänien an vielen Ecken sehr schmutzig war, der Müll liegt oft am Straßenrand, die Mülleimer quellen oft über und auch an den Raststätten kommt man mit der Müllentsorgung kaum hinterher. Beginnt hier nun das Leid der Hunde? Gerd lenkt nach einigen Kilometern nach dem Grenzübergang auf einen Rastplatz. Der Parkplatz ist mit einer kleinen Raststätte bestückt, einige LKWs und PKWs stehen in den Parkbuchten. Plötzlich kommen uns 2 Vierbeiner entgegen, beobachten kurz unser Vorhaben und fangen an uns zu beschnuppern, immer im sicherem Abstand. Die beiden schienen eine Art Sozialverbund geschlossen zu haben, man kann recht gut beobachten, dass einer der Beiden sich sehr am Anderen orientiert – vielleicht Mutter und Sohn? Gerd und ich sitzen im Abstand von ca. 50 Meter von einander entfernt auf dem Bordstein und die beiden kommen immer näher. Beschnuppern uns ausgiebig. Der eine, schwarz etwa 55 cm hoch, gut genährt und sportliche Figur, alter ist schwer zu schätzen aber ich denke so um die 4-6 Jahre alt, die andere, helles Haar, auch diese sehr gut genährt, kein verfilztes Fell, die Augen strahlen hell. Wir beobachten, dass auch andere Reisende ankommen und den Hunden von ihrem Picknick etwas abgaben, doch die freilaufenden Vierbeiner ignorieren diese freundliche Geste. Nach einiger Zeit kommen auch Reisende mit Haushund an der Leine, einen kleinen Yorkscher Terrierer. In solchen Situationen beobachte ich immer sehr gerne die Körpersprache der beiden Caniden. Die Haushunde zeigen sehr unkontrolliert, unruhige und übertriebene Signale während die Straßenhunde sehr ruhig mit ihrer Aussage sind, sehr fein und klar für jeden Gegenüber präsenter und verständlicher. Hier ist kein Leid zu sehen, keine Qual gegenüber den Hunden, kein trauriges Bild, so machen wir uns weiter auf unserem Weg.

....Nach kurzer Zeit werden wir weiter fündig. Immer wieder kommen streunende oder freilebende Hunde aus den Gassen, oder sie liegen am Straßenrand, auf Parkplätzen oder vor Hofeingängen. Große und kleine Hunde machen entweder ein Nickerchen oder laufen umher, um ihre Gegend auszukundschaften. Wir sehen einige Hunde, die auf drei Beinen laufen, Hunde die im Müll nach Fressen suchen, Hunde die hinter Autos her laufen, Hunde die sicherlich mal einen ärztlichen Check benötigen und Hunde, die in der Ecke liegen, doch keiner dieser Hunde sieht so aus, als ob dieser geschändet, misshandelt, ausgehungert oder ihrem Leben bangen müssen. Sie sehen alle sehr gut ernährt aus, haben Sozialpartner, haben ihre Aufgabe...Für den Hund scheint es hier ein Paradies zu sein. Freilebend und arttypisch und artgerecht Aufgabenorientiert.

Wir fahren weiter, irgendwo musste doch das Leid auf den Straßen Rumäniens zu sehen sein, irgendwo bangt ein Hund um sein Leben …. wir suchen weiter.

 

Bei angenehmen 33 Grad fahren wir weiter Richtung Hermannstadt immer näher den Karpaten entgegen. Von weitem sieht man schon vereinzelt Gebirgsketten der rumänischen West – Karpaten. Hier in Rumänien gibt es eine Mischung aus weiten nahezu unüberschaubaren Feldern aus Mais, Sonnenblumen, verschiedenen Kornarten und Raps und um den Kontrast malerisch zu vollenden lagen am Horizont die Gebirgsketten des Hochgebirges. Dieser Anblick erfüllt ein mit Ruhe, Geborgenheit, Zufriedenheit, weit ab von jeglichem Großstadtlärm und Eile... Im Auto wird es ruhiger, alle Mitreisenden atmen tief ein und genießen diese unvergessliche Aussicht... Gerd legt noch ein drauf und lässt traditionelle Balkanmusik aus dem Radio erklingen, dieser Moment ist der Punkt, an dem wir für kurze Zeit unsere Heimat vergessen und uns dieser Pracht vollendend zusprechen.

 

Es ist warm, sehr warm und es wird von Minute zu Minute wärmer. Wir sehen auf der weiteren Strecke kaum Menschen, geschweige denn Hunde, bei dieser Wärme liegen sie womöglich in irgendeinem Schattenplätzchen und ruhen sich aus. Hier im Balkan ist ein sehr außergewöhnliche Temparaturschwankung zwischen Sommer und Winter. In vielen Berichten liest man, dass hier die Hund im Winter frieren, auch das ist ein Grund, warum mehr Hunde aus dem östlichen Ausland eher in den Wintermonaten nach Deutschland kommen, viele vergessen aber dass der Sommer mit seinen gut 85% der Sommertage Temperaturen zwischen 30-40 Grad beherbergt. Für Hunde eine enorme Belastung auf den Kreislauf und dem Immunsystem, doch wie fast jedes Individuum kann sich auch der Hund an verschiedenen Klimas gewöhnen, so fahren die Hunde in den Sommermonaten energietechnisch runter und in den Wintermonaten kann man mehr Bewegung der Hunde beobachten. Hier in Rumänien finden wir immer wieder große durchtrennte Wasserkanister am Straßenrand, an Bäumen, im Park, vor Geschäften, an Tankstellen, vor Restaurants.... nach beobachten der Tiere und auch der Einwohner, haben wir das Rätsel um die Kanister herausgefunden, es sind Trinkstationen für Hund und Katz, aufgestellt von einigen Einwohnern. Ist das die Qual und die Sorglosigkeit der Rumänen?

 

Bulgarien: 22-1h (ca30h)

ca. 7 Millionen Einwohner

64 Einwohner / km²

parlamentarische Demokratie

111.000 km²

Mentalität

Kultur

 

Straßenhunde in Bulgarien werden auf offenen Straße erschossen

Bulgarische Straßenhunde haben ein Gewalt geprägtes Leben und ihnen werden die Beine abgehackt.

Solch grausamen Nachrichten überschatten die Medien.

 der wilde Balkan

Wir erreichen um ca. 22 Uhr die Rumänisch – Bulgarische Fährgrenze in der Nähe von Silistra, nach nun knapp 30 Stunden quer durch Österreich, Ungarn und Rumänien erreichen wir nun unser Zielland – Bulgarien. In dieser Nacht begrüßten uns noch 2 Straßenhunde, die mit der Fähre die Länder bereisten, uns aus Rumänien abgeholt und uns nach Bulgarien begleitet haben. Ein Schakal, der uns schon von Rumänien mit seinem Ruf empfangen hat begegnen wir noch am Straßenrand unweit des Grenzüberganges nach Bulgarien, nur noch knapp 2 Stunden fahrt und wir kehren in unserem Camp ein. Wir haben uns diesen Schlaf wahrlich verdient, es dauert nicht lange und alle Reisenden liegen in ihren Träumen.

Was erwartet uns die nächsten Tage in Bulgarien, Womit werden wir konfrontiert? Dies beantworte ich euch nach einem laaange Schlaf im gemütlichen Bett.

 

Mit der Jahre habe ich einen inneren Tagesablauf und der beginnt meist zwischen 6-7 Uhr. Die erste Nacht war angenehm, dennoch bin ich nach 4 Stunden Schlaf wieder wach. Während die anderen noch schlafen kann ich mir unser Camp und die nähere Umgebung näher anschauen. Wie nahezu jeden Tag, ob Winter oder Sommer, ob zuhause oder in der Ferne beginne ich meinen Tag mit einem morgendlichen Lauf. Ich ziehe meine Laufsachen an und mache mich los. Da ich die Gegend noch nicht so gut kenne laufe ich erst einmal nur die Straße rauf und runter. Die naheliegende Nachbarschaft grüßte mich verhalten – womöglich haben sie sich gewundert, warum man morgens um 7 Uhr bei dieser Wärme noch joggt. Ich grüße mit den ersten Bulgarischen Wörtern, die uns Gerd während der Fahrt schon beigebracht hat „dobro utro“ (guten Morgen), die leicht genuschelte Antwort der Einwohner lockerte die Situation. Ich laufe die Straße hinab und die ersten freien Hunde kommen mir entgegen, ich muss schon sagen, es ist schon ein Umdenken hier was freilaufende Hunde angeht. Bei uns in Deutschland habe ich bei jedem freilaufenden Hund auch unmittelbar einen Halter in der Nähe, doch hier ist von Menschen außer den Einwohnern nichts zu sehen. Die zwei Hunde, die mir entgegenkommen sind mittelgroße schwarze, kurzhaarige Caniden, die sehr nach kurzhaarige schwarze Schäferhunden aussehen. Zu meiner Verwunderung kommen sie nicht bedrohlich nahe, sondern schlagen nur kurz Alarm im Abstand von ca.10 Metern und lassen mich gewähren. Nach ca. 5 Kilometer kehre ich um und beobachte, dass die Hunde mich zwar akribisch beobachten aber keinen Laut von sich geben. 10 Kilometer sind geschafft, nun frühstücken und auf die anderen warten, die sich dann auch kurz nach 10 blicken ließen.

 

Heute geht die erste Beobachtungstour nach Warna. Warna (Transliteration auch Varna geschrieben) ist mit seinen knapp 350.000 Einwohnern die 3. größte Stadt Bulgariens direkt am schwarzen Meer und einst erste Endstation des berühmt berüchtigten Orient-Express. In Warna angekommen erreicht uns eine kleine, charmante und für Bulgarien recht moderne Kleinstadt, mit viele bekannten Einkaufsmöglichkeiten aus dem Westen. Es dauert nicht lange, da kommen uns auch schon die ersten Straßenhunde entgegen. Ich werde hier nicht jeden einzelnen Hund beschreiben, das würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, daher nur einen detaillierten Überblick der Gesamtsituation für euch. Die Innenstadt umfasst einen große Hauptweg, einige Kreuzungen, viele kleinere Grünflächen und einen sehr großen Park mit dem Namen „SeeGarten“, der eine direkte Verbindung zwischen Innenstadt und der Strandpromenade bildet. Das Leben findet hauptsächlich auf dem großen Hauptweg statt, hier findet man viele Gastronomien, Einkaufsmöglichkeiten, viele gemütliche Sitzgelegenheiten, bunt angelegte Blumenbeete, sowie eine Freiluftbühne für die Veranstaltungen, Feste und öffentliche Bekanntmachungen, Aussichtspunkt zum schwarzen Meer und vieles mehr. Es herrscht ein reges Leben hier in der City. Zur Zeit unserer Ankunft werden einige Bühnen und Stände aufgebaut, da das bekannte Bierfest und ein traditionelles Tanzfest auf dem viele internationale traditionelle Tanzvereine ihr können zeigen. Kurzum, wir waren mitten im großen Rummel und können trotz Lärm, trotz Menschenmenge, trotz dieser Unruhe viele Hunde beobachten, die vor verschiedenen Läden, vor Lokale, im Blumenbeet, vor Türen, unter Bäumen, mitten im Park, mitten auf dem Fußgängerweg zwischen den Passanten, am Strand, unter oder auf den Bänken liegen, stehen oder entspannt spazieren gehen. Die Passanten beobachten sie kaum, herumliegende Hunde werden umgangen, ein paar wenige werden gestreichelt oder vergebens versucht mit Essensresten zu füttern. Kaum einer dieser Tiere hat das freundlichst gereichte Fressen angenommen und das liegt nicht an die Unfreundlichkeit der Menschen, oder der Vorsicht zu diesen, der Grund liegt eher daran, dass viele dieser Hunde einfach satt waren, sie sind erstaunlich gut genährt und man hat das Gefühl, dass sie während ihrem Aufenthalt in der Stadt eine Art Arbeit vollziehen, diese sehr ernst nehmen und erst nach „Feierabend“ zu ihren Futterplätzen laufen.

 

der wilde Balkan

Etwas außerhalb des Geschehens entdecken wir nicht nur andere Caniden, sondern auch sehr viele Felidae (Katzen). Sie halten sich aber eher im Rückhalt der Menschenmenge und meiden eher die großen Gehwege. Um aber auch diesen Teil der freilaufenden Tiere zu beobachten machen wir einen kleinen Schlenker vom Hauptweg weg und widmen uns ein paar Minuten den Katzen. Hier wird mir bewusst, warum so viele bulgarische Katzen auf dem deutschen Markt zu finden sind, denn die Fellfarben sind schon etwas ganz besonderes. Es gibt kaum Katzen mit Unifarben eher viel Tricolore, sehr viele Katzenbabys und viele weiße Katzen. Sie halten sich meist unter Bäumen oder in Parks auf. Was mir hier auch gleich auffällt, dass das Zusammenleben mit anderen Tieren vor allem den „oft zugesprochenen gehassten Hunden“ hier eher sehr harmonisch verläuft. Ich sehe kaum Hunde, die Katzen jagen, sie akzeptieren sich, sie leben miteinander und teilen sich sogar oft ihre Nahrung. Aber auch hier in der Nähe der Katzen finden wir immer wieder Futternäpfe und abgeschnittene Wasserkanister. Auch hier spricht vieles dafür, dass Menschen sich um diese Tiere kümmern und das hier das viel verbreitete Leid kaum Wurzeln trägt.

Am nächsten Morgen kommt das Murmeltier bei mir wieder und grüßte...

Dieses mal nehme ich die entgegengesetzte Richtung und jogge entlang eines langen geteertem Feldweges. Rechts und links nur weite Felder, kein einziges Haus, kaum Menschen nur recht schnell fahrende Autos, die sehr nah an mir vorbei fahren. Ich komme an einem sehr verlassenem Bushaltehäuschen vorbei, wobei mich der Gedanke prägt, ob hier noch mal ein Bus lang fährt? An einem Friedhof vorbei bis ich die ersten Häuser nach ca. 5 Kilometer erreichte. Ein älterer Mann kommt mir mit seiner Ziege an der Leine entgegen und legt den Kopf leicht zur Begrüßung zur Seite, nachdem ich auch ihn mit der bulgarischen morgendlichen Floskel begrüße. Nach weiteren 3 Kilometer kehre ich um und komme an dem Mann mit der Ziege wieder vorbei, die beide verweilen mittlerweile auf einer Wiese und genießen ihre Zweisamkeit. Ein Anblick der mich sehr berührte. Wie kann man von diesen Menschen behaupten, sie seien Barbaren und foltern ihre Tiere?

In den nächsten Tagen besuchen wir die abgelegenen Orte von Varna, die Orte die viele Touristen meiden, wir fahren hinaus auf´s Land vorbei an den Roma und Sinti und schlagen dort auch kurz ein. Weit ab der Großstadt, hier herrscht noch der gute alte Bauernmarktstand. Ein einfaches Leben ohne Hektik, ohne Stress ohne sich groß Gedanken auf Morgen oder Übermorgen zu machen. Hier kommen wir mit einem „Zigeuner“ ins Gespräch. Er präsentiert stolz sein Pferd und aus seinem Haus kommt ein freundlicher Hundewelpe zu uns gestolpert. Während mein Team sich mit dem Welpen und dem Mann beschäftigen scanne ich die Umgebung und beobachte ein recht großen Hund, der sich zielstrebig über die Wiese zu einem Ruheplatz hinter einem Zaun macht. Er schien von Natur aus sehr scheu zu sein, dennoch hält er sich unmittelbar in der Nähe der Menschen auf.

Wir fahren in die Tiefen Bulgariens um noch mehr vom Land und der Wahrheit zu erfahren.

Es ist Nacht und wir fahren durch die Gegend und schauen nach freilebenden Caniden und in der Tat finden wir einige Hunde, die sich um ein paar Essensreste neben den Mülleimern sammeln, wir sehen Hunde, die in der Nähe von Imbissbuden wartend auf eine kleine Geste von einem der Gäste gieren. Wir fahren weiter ins Dunkel, dann sehen wir plötzlich 3 Hunde am Straßenrand, die sehr hektisch umher laufen. Wir parken ein paar Meter weiter und nähern uns mit einem sicheren Abstand. Es wurde hektischer und das „Rudel“ löste sich auf, zwei laufen bellend zu einem nahegelegenen verlassenem Haus und der 3 Hund läuft durch die Büsche in selbe Richtung. Irgendetwas stimmt da in dem Haus nicht?! Es sieht so aus, als ob die Hunde hier irgendetwas bewachen, nur was? Wir nähern uns dem Haus und der Alarm der Hunde wurde lauter und deutlicher. Schließlich stellen wir fest, dass ein Obdachloser in dem Haus schläft, nachdem wir uns vergewisserten, dass es dem Mann gut geht kamen die Hunde auch zur Ruhe und ließen sich von uns anfassen. Was hier passiert lief mir eiskalt den Rücken herunter. Die Hunde haben sich dem Obdachlosen angeschlossen und haben sich zur Aufgabe gemacht ihn zu behüten. Nicht weil sie mit Gewalt dazu gezwungen wurden, nicht weil sie Angst vor dem Obdachlosen haben, nein, weil sie eine Verbindung mit ihm eingegangen sind, sie haben ihre Aufgabe gefunden. Womöglich teilen sie ihr gefundenes Essen zusammen, vielleicht geben sie sich gegenseitig Schutz... Was immer diese Bindung ausmacht, sie funktioniert.

Immer wieder sehen wir liebe Menschen, die sich zu den Hunden setzen, sie streicheln, füttern, versorgen und wir reden mit den Menschen, wir wollen mehr von den Eingeborenen erfahren und mich erschreckt es sehr, wie das Bild dieser Menschen unwissend verbreitet wird... Sie erzählen uns ihre ganz eigenen Geschichte über die freilebenden Tiere in der Stadt und in den Dörfern. Geschichten, die mir Tränen in den Augen erzwingen. Sie erzählen uns von dem missverstanden ausländischen Tierschutz, erzählen, dass ihre geliebten Vierbeiner einfach weggeschnappt und nie wieder gebracht wurden, sie erzählen, wie sie sich Wochen, Monate, Jahre tagtäglich um verschiedene Hunde gekümmert haben und dann kamen die ausländischen Tierschutzvereine und holten sie einfach weg. Auch Geschichten über Hunde, die einen in Gruppen angefallen haben – aus welcher Motivation auch immer – sie wurden lautstark verjagt und die Sache war erledigt. Die Geschichten beinhalten aber immer einen Satz „Mich stören die Tiere nicht...“.

 

Ich berichte von den tollen Begegnungen mit den Tieren und wie hingebungsvoll sie von den Einheimischen gepflegt werden, doch auch, wenn dieser Teil überragt und wir in der Tat sehr wenig Leid entdecken können gibt es vereinzelt doch ein paar Situationen, bei denen ich erst mal schlucken muss. Da stehen voll eingebundenen Pferde oder Esel mit Kutsche in der heißen Sonne ohne Wasser, ein paar Hunde, die nur ein Bein haben oder ausgesetzte Tiere, zu dem ich euch gerne eine beeindruckende und tiefsitzende Geschichte erzählen möchte.

 der wilde Balkander wilde Balkan

Wir fahren wieder weit hinaus auf´s Land auf der Suche nach Schakalenspuren, am Parkplatz entdecken wir ein kleinen Wasserbehälter, der schon etwas verlassener aussieht. Mitten in einem Altreifenberg schaut ein kleiner Kopf hinaus und verschwindet wieder. Vorsichtig nähern wir uns dem Hartgummiberg und wieder guckt der kleine Kopf aus einem der Reifen. Mit seinen kleinen Knopfaugen und seinen aufgestellten Ohren wagt der kleine Mann neugierigen aus seine Versteck. Er zeigt keine Scheu gegenüber Menschen, eher sehr vertraut und zuversichtlich. Sein Fell ist leicht verfilzt, er scheint ein kleiner Hütehund zu sein. Wir schauen uns um, vielleicht finden wir noch Geschwister oder Elterntiere, vergebens. Keine weitere Spur von anderen Hunden, er ist alleine. Nach über 30 Minuten suchen und warten entscheiden wir uns ihn erst einmal mitzunehmen, ihn bei einem Arzt vorzustellen und in den nächsten Tagen immer mal wieder her zu kommen, damit wir sicher gehen können, dass wir kein Hund aus einem gewohnten Umfeld und eventuell einem Sozialverbund entfernen.

 der wilde Balkan

Mittlerweile wurde der kleine Knopf, dem wir den Namen „Samstag“ gaben, untersucht, wir konnten uns vergewissern, dass es keine Elterntiere gab und haben für die Maus eine liebevolle Hand im naheliegendem Dorf gefunden, wo er jetzt ein sicheres Zuhause gefunden hat.

Abschied

 

Es ist Zeit Abschied zu nehmen, der letzte Tag bricht an. Am Frühstückstisch sehe ich in die Gesichter der anderen und weiß wie wehmütig und traurig sie sind... dieses Land hat uns alle sehr berührt mit allen Facetten, die es zu bieten hat. Die Freiheit der Tiere, das einfache Leben der Menschen, die Natur, die Kultur....ein Zusammenspiel aus all diesen Aspekten haben wir so tief in unser Herz geschlossen, dass wir nur sehr unmutig den Weg nach Hause folgen.

 

Einen tiefen Riss ins Herz wird uns aber noch an der Grenze zu Rumänien gezeigt. Wir sind still geworden und erinnern uns an diese unvergessliche Eindrücke, schauen aus dem Fenstern und der Himmel sagt uns auf seiner ganz besonderen Art und Weise „сбогом“ (Auf Wiedersehen).

 

 

 

Fazit dieser Reise

Wir konnten in 10 Tagen einen sehr tiefen Einblick in drei Länder mitnehmen, wir haben in dieser kurzen Zeit erfahren können, wie es den Hunden hier in Freiheit wirklich geht. Ja, es gibt Leid und Elend in einigen Teilen Bulgariens, Rumäniens und Ungarns. Der hauptsächliche Teil der Länder haben Mensch und Tier eine kultur- und mentalspezifische Verbindung gefunden. Sie akzeptieren sich gegenseitig als Individuum. Das Tier darf alle Vorzüge eines Tieres genießen und die Nähe des Menschen als Sozialverbund anerkennen.

Leider mussten wir feststellen, dass das hauptsächliche Leid der Tiere unmittelbar von falsch verstandenem Tierschutz vollbracht wird, weniger von den Einheimischen.

Der Großteil der Hunde war wohl ernährt, größtenteils gesund, befanden sich in einer sozialen Struktur (zu Menschen und anderen Hunden) und hatten ihre tägliche Aufgabe.

 

Der Ausländischer Tierschutz ist wichtig und unverzichtbar, denn vor Ort fehlen finanzielle, materielle und organisatorische Mittel. Es muss geholfen werden, vor Ort, mitten im Geschehen. Ärztliche Untersuchungen und Behandlungen einzelner Tiere, eventuelle Kastrationen und vor allem AUFKLÄRUNG vor Ort und auch im eigenen Land ist unabdingbar. Aufklären, dass wir nicht alle Schreckensnachrichten glauben schenken sollten, dass wir uns nur ein Bild von einem Land machen dürfen, wenn wir es selbst miterlebt haben, Aufklären im Land, wie man ein Tier in seiner Art ohne Leid des Tieres im häuslichen Umfeld halten kann....

 

Es ist nicht nötig, jedes leidende Tier nach Deutschland oder ins benachbarte Land zu transportieren, im Glauben, dass es einem Freigeist eingesperrt in einer Wohnung besser geht. Hier ist ein Umdenken von Nöten. Wie kann man Tierschutz betreiben der sinnvoll, artgerecht und vor allem tiergerecht ist?!

Geht selber auf die Straßen eures Nachbarlandes, besucht Orte, die abseits der Touristengebiete liegen und macht euch ein Bild vom Geschehen.

 

Dank Gerd Schuster und dem Hundezentrum Mittelfranken wurde mir und dem mitreisendem Team vieles sehr verdeutlicht und klar. Gerd hat mit seiner jahrelangen Erfahrung in Bulgarien und dem intensiven Beobachten von vielen hunderten von Hunden und Katze in diesem Land eine Wissenstür geöffnet, die ich jedem ans Herz lege. Nicht nur sein Fachwissen über Hunde und seine jahrelange Arbeit mit Caniden, sondern auch sein Feingefühl gegenüber den freilebenden Hunden und Katzen, sein Arrangement dem Tierschutz gegenüber und seiner Kenntnis dem Land mit all seinen guten und schlechten Seiten verhalfen uns in dieser kurzen Zeit enorm viel Information und Erfahrungen zu erfassen.

 

DANKE GERD für deine unglaublich tolle Unterstützung.